Aktuelle Urteile aus dem Bereich des Tierarztrechts

Aus der Rechtsprechung

Kosten der Quarantäneunterbringung von Hunden

In dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg ging es um die Kosten der Unterbringung und Verpflegung von vier Hundewelpen des klagenden Tierhalters in einem Tierheim. Die beklagte Behörde hatte auf Grundlage von § 24 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 des Tiergesundheitsgesetzes (TierGesG) und § 20 Satz 1 Nr. 1a Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung die Hundewelpen in Quarantäne genommen. Der Tierhalter war zuvor von der Polizei im Bereich einer Tankstelle kontrolliert worden, da er mit fünf auffällig jung aussehenden Hundewelpen sowie einem polnischen Impfausweis für Hunde und Katzen angetroffen worden war. Der Tierhalter konnte keine weiteren Impfausweise oder EU-Heimtierausweise vorlegen, die den mitgeführten Hunden zuzuordnen waren. Die Behörde ging daher davon aus, dass es sich um aus Polen eingeführte Welpen ohne den vorgeschriebenen Impfschutz handelte und ordnete mündlich die Sicherstellung der fünf Hundewelpen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz an. Diese wurden in der Folge in einem Tierheim untergebracht. Dort wurde festgestellt, dass alle Welpen an starkem Wurmbefall litten. Eine genaue Bestimmung des Alters der Hunde, die bereits Milchzähne aufwiesen, war nicht möglich. Einer der Welpen verstarb ausweislich des pathologisch-anatomischen Untersuchungsergebnisses wahrscheinlich an Parvovirose. Nach Anhörung des Halters untersagte die Behörde diesem den Handel mit Hunden und wies darauf hin, dass die Hunde in Quarantäne gehalten werden müssten, bis diese gegen Tollwut geimpft werden könnten und die Tollwutimpfung wirksam sei. Im Anschluss daran wurde eine Verwertung der Tiere beabsichtigt. Als Voraussetzung für eine Rückgabe der Tiere an den Halter nach der Quarantäne wurde angegeben, dass er ab sofort wöchentlich die Kosten für die Unterbringung der Hunde im Tierheim sowie die Tierarzt- und Impfkosten begleichen müsse. Somit wurde die Klage abgewiesen.

(OVG Lüneburg, Urteil vom 04.11.2020 – 10 LB 138/19)

Fortnahme und der anderweitigen Unterbringung von Pferden

Das Veterinäramt des Landratsamts Haßberge führte bei einer Pferdehalterin mehrere Vor-Ort-Kontrollen durch, nachdem Beschwerden über die Pferdehaltung eingegangen war. Bei den Kontrollen zeigte sich der Paddock seit mehreren Tagen nicht gemistet. Der Ernährungszustand einer Stute sei mittelmäßig bis mangelhaft gewesen, der Pflegezustand mangelhaft. Das Tier habe schwach und apathisch gewirkt. Die Hufe seien mit altem Mist und spitzen Steinen verunreinigt gewesen. Weiter seien Sommerekzeme an Kopf und Mähne und ein eitriger Augenausfluss festgestellt worden. Ein Fohlen habe sich wie bei vorherigen Kontrollen ständig hingelegt. Es habe trotz Entwurmung und angeblicher Behandlung des Selenmangels schwächer und apathischer gewirkt. Die Hufe seien erheblich altverschmutzt gewesen. Außerdem seien mehrere Verletzungen festgestellt worden. Die Stute N.  habe merklich angestrengt geatmet. Sie sei trotz eines Asthmaanfalls nicht abgetrennt von den anderen Pferden oder in einer Krankenbox untergebracht gewesen. Die Hufe seien erheblich durch Mist und Steine altverschmutzt gewesen.

Die festgestellten akuten erheblichen Vernachlässigungen sowie die Wiederholungen der Verstöße rechtfertigten die Fortnahme der Tiere. Das Landratsamt ordnete – unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit – mit Bescheid die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der drei Pferde an. Zudem wurde die Kostentragung durch die Tierhalterin für die Unterbindung angeordnet.

Die Tierhalterin beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid, hatte damit im Ergebnis aber keinen Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit war hinreichend begründet worden und aufgrund der massiven Tierschutzverstöße im Wege einer effektiven Gefahrenabwehr erforderlich gewesen, um schnellstmöglich tierschutzgerechte Haltungsbedingungen für die Pferde herzustellen. Auch der Einwand der Tierhalterin, dass eine Unterbringung in dem vom Landratsamt ausgesuchten Pferdehöfen möglich wäre, weil auch dort das jeweilige Landratsamt bzw. das Veterinäramt die Haltung überprüfen könnte, war nicht erfolgreich. Denn zum einen genügt schon nicht ein Wohlverhalten unter dem Druck eines laufenden Verfahrens. Zum anderen ist die Behörde nicht verpflichtet, den Tierhalter ständig zu überwachen. Dieser ist vielmehr selbst gehalten, von sich aus die gesetzlichen Vorschriften zu beachten. Vorliegend ist zudem ein ordnungsgemäßes und tierschutzgerechtes Verhalten der Tierhalterin nicht zu erwarten. Das Veterinäramt hat die Tierhalterin schon in der Vergangenheit auf Missstände hingewiesen, ohne dass sich eine nachhaltige Besserung eingestellt hat. Der Bescheid blieb daher unter sofortiger Vollziehbarkeit bestehen.

(Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 04.11.2020 – W 8 S 20.1503)

 

Untersagung der Haltung eines American Pittbull Terriers

Einer Tierhalterin wurde durch die zuständige Behörde die Haltung ihres Hundes untersagt und die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides angeordnet. Die Tierhalterin beantragte vor dem Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Bescheides wiederherzustellen. Sie blieb jedoch erfolglos.

Die Tierhalterin war der Ansicht, dass es sich bei dem Hund um einen American Bully XL und daher nicht um einen gefährlichen Hund i. S. d. § 3 Abs. 1 Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LHundG NRW) handle. Die zuständige Behörde beurteilte die Rasse des Hundes als eine Kreuzung zwischen einem (American) Pittbull Terrier mit einem anderen – nicht näher bestimmten – Hund. Die Rassebezeichnung des American Bully XL sei zudem weder in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW erwähnt noch eine bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes von einem der Hundeverbände (Fédération Cynologique Internationale – FCI – bzw. United Kennel Club – UKC) anerkannt. Für die Einschätzung der Rasse sei daher allein entscheidend, ob die phänotypischen Merkmale einer der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen deutlich hervortreten.

Bei dem Hund der betroffenen Tierhalterin trete der Phänotyp eines American Pittbull Terrier, der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW als Pittbull Terrier bezeichnet wird, deutlich hervor. Der begutachtende Amtstierarzt kam zu der Einschätzung eines „American Pittbull Terrier Mischlings“ i. S. d. § 3 LHundG NRW. Der Abgleich habe hinsichtlich der Kopf- und Ohrenform und auch des Körperbaus markante und signifikante Merkmale der Rassen American Pittbull Terrier und American Staffordshire Terrier ergeben. Die zuständige Behörde durfte sich wegen der besonderen Sachkunde des Amtstierarztes auf diese Einschätzung stützen und untersagte daher die Haltung des Hundes gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW. Aufgrund der Gefährlichkeit des Hundes war die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zu Recht erfolgt. Die Tierhalterin musste den Hund daher abgeben.

(Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 18.11.2020 – 18 L 1360/20)

 

Alle Urteile zusammengefasst von RAin Alexa Frey, WWS Rechtsanwälte

Entnommen aus DTBl 3/2021

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