Folgen des Lockdowns der Corona-Pandemie für Gewerberaummietrecht

von Rechtsanwalt & Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht Matthias Hochheimer

Mehrfach haben nunmehr in der jüngsten Vergangenheit Gerichte entschieden, beispielsweise das Landgericht Stuttgart, das Landgericht Heidelberg, das Landgericht Frankfurt/Main, das Landgericht München II, dass pandemiebedingte Geschäftsschließungen keinen Mietmangel begründen, da der vertragsgemäße Gebrauch fortbesteht.

Bislang dürfte nur das Landgericht München I einen Anspruch eines Ladenmieters auf Mietreduzierung anerkannt haben. Letztlich wird hier eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs unumgänglich sein. Der Gewerberaummieter ist daher weiterhin zur Zahlung der Miete verpflichtet. Dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.11.2020 steht jedoch der Bund/Länderbeschluss vom 13.12.2020 entgegen, durch den die Beschränkungen als schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage gesetzlich vermutet werden, um Vertragsverhandlungen zu vereinfachen. Der Bundestag hat am 17.12.2020 verschiedene Gesetzespakete verabschiedet, mit dem u.a. in § 313 BGB, also den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage, eine widerlegliche Vermutung aufgenommen wird, dass Einschränkungen in der Verwendung von gewerblichen Mieträumen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zu einer schwerwiegenden Veränderung der Grundlagen des Vertrages geführt haben. Damit wäre zumindest das Tatbestandsmerkmal für einen Anspruch des Mieters auf Anpassung des Vertrages, also Reduzierung der Miete, widerleglich erfüllt. Die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 313 Abs. 1 BGB bleiben unberührt.

Die aktuell überwiegende Rechtsprechung geht davon aus, dass die behördliche Anordnung der Schließung ihrer Ursache nicht in der Beschaffenheit der Mietsache und/oder deren Beziehung zur Umwelt hatte, sondern maßgebend für die Schließung allein die Art der konkreten Nutzung war. Soweit der Mietvertrag keine Regelung dahingehend enthält, dass der Vermieter das Geschäftsrisiko des Mieters hätte übernehmen wollen, liegt kein Mangel der Mietsache vor.

Der neu eingefügte § 7 in Art. 240 EGBGB regelt die Vermutung, dass sich ein Umstand i.S. des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, auch wenn vermietete Gewerberäume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen verwendbar sind. Grundsätzlich ist diese Vermutung auch rückwirkend auf den ersten Lockdown anwendbar.

Grundsätzlich bleibt es jedoch bei einer Einzelfallentscheidung, nachdem zum einen die Änderung der wesentlichen Umstände geprüft werden müssen, die abweichende Regelung bei Kenntnis sowie die Unzumutbarkeit für eine der Parteien am Vertrag festzuhalten. So hat der Mieter weiterhin nachzuweisen, dass bei Kenntnis der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Folgen eine abweichende Regelung getroffen worden wäre und es für diesen darüber hinaus unzumutbar ist, weiterhin am Vertrag festzuhalten.

Als Fazit bleibt, dass der Gesetzgeber mit der beschriebenen Änderung keine abschließende Regelung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Gewerberaummietrecht bewirkt hat. Keiner Partei wurde das Risiko dieser Pandemie eindeutig zugeordnet. Es verbleibt eine erhebliche Darlegungs- und Beweislast beim Gewerberaummieter.

 

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