Kirchliche Strafrechtsreform betrifft auch haupt- und ehrenamtliche Laien

Inmitten der rechtlichen Aufarbeitung der Missbrauchskrise in der katholischen Kirche hat Papst Franziskus als oberster Gesetzgeber das kirchliche Strafrecht reformiert. Zum 08.12.2021 tritt die am 01.06.2021 veröffentlichte Reform des sechsten Buches des kirchlichen Gesetzbuchs Codex Iuris Canonici in Kraft.

Der Papst will durch die nach 14-jähriger Vorbereitungszeit erneuerten Vorschriften die innerkirchliche Rechtsprechung vereinheitlichen und dafür Sorge tragen, dass strafbares Verhalten konsequenter verfolgt und einheitlich geahndet wird. 

Dabei betreffen die zahlreichen Gesetzesänderungen nicht nur den erwartbaren Adressatenkreis der Geistlichen. Zahlreiche Normen haben auch unmittelbare Folgen für alle anderen kirchlichen Mitarbeiter in verantwortlicher Position, gleich ob Kleriker oder Laien.

Auch wenn abzuwarten sein wird, wie die kirchliche Rechtsprechung die neuen Regelungen anwendet, ist es sinnvoll, sich vor Augen zu führen, dass das kirchliche Strafrecht nunmehr deutlich häufiger als zuvor die Verpflichtung zum Schadensersatz betont. Das bedeutet, dass die kirchliche Justiz künftig mit der Verhängung eines Strafurteils zugleich auch über die Schadensersatzleistungspflicht urteilen kann.

Regelungen für „Laienmitarbeiter“ & Ehrenamtliche

Besondere Bedeutung bekommt dies für Laienmitarbeiter und sogar ehrenamtliche Verantwortungsträger (wie z.B. Kirchenpfleger) bei Taten im Vermögensbereich. Sie können nun durch neue Straftatbestände in gleicher Weise wie Geistliche belangt werden. Dazu gehört die Veruntreuung von Kirchenvermögen und auch die Missachtung von Mitentscheidungs- und Beratungsgremien bei Veräußerungsgeschäften, jeweils auch bei grober Fahrlässigkeit. Ebenso ist nunmehr ein eigener Straftatbestand für Korruption und Bestechlichkeit hinzugefügt. Wer in kirchlichen Gremien mitwirkt, sollte diesen Umstand zum Anlass nehmen, sich genau über die geltenden Vorschriften zur Vermögensverwaltung zu informieren.

Verstöße gegen das kirchliche Strafrecht können künftig wie bisher auch mit der Strafe der Suspension geahndet werden. Betraf diese Strafmöglichkeit bislang aber nur Kleriker, wird sie nun auf alle Gläubigen ausgedehnt und kann damit gegen alle haupt- und ehrenamtlichen Inhaber eines kirchlichen Amtes oder Dienstes angewandt werden. Von besonderer Bedeutung ist dies deswegen, weil mit dieser Strafe nun auch Laien ihre Ämter und Gehaltsansprüche, Pensionen und sonstige Einkünfte verlieren können.

Schwerpunkt der Reform ist aber vor allem, dass die Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung nun insgesamt eindeutig als Verletzung der Menschenwürde der Opfer gebrandmarkt werden. Nicht das sechste Gebot wird hier vom Täter verletzt, sondern der Mensch und seine Würde. In diesem Bereich wurde auch die Verjährung deutlich verlängert. Auch diesbezüglich werden künftig alle Mitarbeiter der Kirche, gleich ob Kleriker oder Laien, von drastischen Sanktionen bedroht, die sich auch im unmittelbaren Verlust von Ämtern und Einkünften niederschlagen können.

H. Philipp Werner, Lic. iur. can., Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

 

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