Strafbare Korruption oder zulässiges Kickback?

Mit dieser Frage hat sich das LG Hildesheim mit Beschluss v. 07.02.2020 anlässlich der Überprüfung eines Durchsuchungsbeschlusses auseinandergesetzt.

Den Beschuldigten – darunter ein in eigener Praxis niedergelassener Arzt – wurde vorgeworfen, ein gegen § 299 a,b StGB verstoßendes Geschäftsmodell zu betreiben. Dieses sieht vor, dass der Arzt seine Patienten über Nahrungsergänzungsmittel aus der Produktreihe eines Herstellers berät, deren Einnahme im Einzelfall empfiehlt und den (interessierten) Patienten eine Bestellkarte aushändigt, welcher die Daten des Arztes in codierter Form enthält. Wenn sich ein Patient für die Bestellung der solchermaßen empfohlenen Produkte entscheidet, erhält der Arzt für seine Vermittlungstätigkeit quartalsweise einen vertraglich festgelegten Gewinnanteil vom Hersteller gutgeschrieben (sog. Kickback).

Das Landgericht verneinte – im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft – einen Tatverdacht im Sinne der Antikorruptionstatbestände (§§ 299a, b StGB) bereits aus Rechtsgründen. Bei Nahrungsergänzungsmitteln handele es sich nicht um Arznei-, Heil- bzw. Hilfsmittel oder Medizinprodukte im Sinne des Tatbestandes. Ferner – so das Landgericht – liege auch kein „Zuführen von Patienten“ vor, da ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln kein Leistungserbringer i.S.v. § 299b Nr. 3 StGB, dessen Leistungen gegenüber Krankenkassen abrechenbar sind, sei. Eine Strafbarkeit komme daher – weder für den Arzt noch für den Hersteller – in Betracht.

Also alles kein Problem?

Vorsicht ist auf ärztlicher Seite dennoch geboten.

Die rechtliche Einordnung als „Nahrungsergänzungsmittel“ liegt nicht immer ohne weiteres auf der Hand. Eine Überprüfung ist daher im Einzelfall angezeigt.

Die Annahme, dass sich § 299b Nr.3  StGB nur auf Leistungserbringer i.S.v. § 69 SGB V im GKV-System beziehe, ist keinesfalls zwingend und entspricht gerade nicht der gesetzgeberischen Intention zur Bekämpfung von Korruption im (gesamten) Gesundheitswesen. Diese ist – vereinfacht ausgedrückt – immer dann tangiert, wenn ein Heilberufsträger seine Autorität in Gesundheitsgefahren nicht allein aufgrund medizinischer Erwägungen, sondern vorrangig vorteilsmotiviert und zugunsten eines Drittanbieters im Gesundheitswesen, einsetzt.

Ferner ergeben sich bei ärztlichen Empfehlungen für Waren und Dienstleistungen Dritter jedenfalls dann berufsrechtliche Risiken, wenn sich diese im Sinne eines Kickbacks als (vereinbarungsgemäße) Leistung und Gegenleistung darstellen. Berufsrechtliche Konsequenzen sind daher (die Konkurrenz schläft nicht…) durchaus möglich. Einen „Freibrief“ vermag die Entscheidung des LG Hildesheim daher – soviel ist sicher – nicht zu vermitteln.

RA Matthias Wonschik, Fachanwalt für Medizinrecht & Arbeitsrecht

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