Aus der Rechtsprechung

Widerruf der Zuchterlaubnis wegen Qualzucht

Im Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Schleswig-Holstein ging es um die Entziehung der Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Züchten von Tieren. Das Gericht entschied (unter Aufrechterhaltung des gleichlautenden Bescheids des Veterinäramtes), dass dem Tierzüchter die Zuchterlaubnis entzogen wird. Der Tierzüchter betrieb gewerbsmäßig eine Hundezucht und verkaufte die gezüchteten Welpen. Hauptgrund für die Entziehung war das verbotswidrige Betreiben von Qualzüchtungen.

Dem Tierzüchter wurde von verschiedenen Käufern in sechs nachgewiesenen Fällen berichtet, dass die von ihm abgegeben Welpen an einer Hüftgelenkdysplasie bzw. an einer Ellenbogendysplasie litten. Daraufhin änderte der Züchter sein bisheriges Kaufvertragsmuster derart ab, dass er einen Haftungsausschluss zu seinen Gunsten ergänzte. Eine fachtierärztliche Begutachtung des Zuchttieres war im Kaufvertrag nicht vorgesehen und auch nicht durchgeführt worden. Der Züchter wies lediglich auf eine frühere tierärztliche Begutachtung hin, bei der festgestellt wurde, dass die besagten Anomalien beim Zuchttier nicht ausgeprägt seien.

Ob eine Qualzucht vorliegt, ist – so das Gericht – anhand des Qualzuchtgutachtens des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu beurteilen. Jene liegt vor, wenn erblich bedingt Körperteile für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden beim Tier auftreten. Das Gericht sah dies für die von den Tierhaltern beschriebenen Dysplasien als gegeben an und bejahte daher eine Qualzucht. Hinsichtlich des Züchtens genüge es bereits, dass das Zuchttier derartige – bei ihm rezessive – Merkmale vererben kann, sie müssten nicht dominant ausgeprägt sein. Weise die Nachzucht augenscheinlich quälende Merkmale auf, habe der Tierzüchter das Zuchttier auf Zuchttauglichkeit und insbesondere auf anlagebedingte Qualzuchtmerkmale, wie Dysplasien, umfassend untersuchen zu lassen. Das Gericht stützte den Entzug der Zuchterlaubnis zudem auf die Zuwiderhandlung des Tierzüchters gegen Auflagen des Veterinäramts. Dieses hatte Auflagen in Bezug auf das Überschreiten der festgesetzten Hundezahl, das Züchten verschiedener Hunderassen abseits der Erlaubnis und die mangelhafte Haltung festgesetzt. Der Tierzüchter musste aufgrund der Qualzucht daher seine gewerbsmäßige Hundezucht aufgeben.

(Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 02.07.2018 – 1 A 52/16)

Beförderungsdauer bei nicht abgesetzten Kälbern

Sofern Nutztiere länger als 8 Stunden zwischen EU-Mitgliedsländern oder in Drittstaaten transportiert werden, hat die Behörde das Fahrtenbuch und die Zulassungsnachweise des Gefährts, des Fahrers und des Tierbetreuers zu prüfen. Liegen jene Bescheinigungen vor, hat die Behörde die Fahrt derart freizugeben, dass sie das Fahrtenbuch stempelt.

Einem Transportunternehmen, das 235 nicht abgesetzte Kälber von Baden-Württemberg nach Spanien verbringen wollte, hatte die Behörde die Stempelung unter Bezugnahme auf das Fehlen eines speziellen Versorgungssystems im Transportmittel, das Überschreiten der maximalen Beförderungszeit und aufgrund eines ZDF-WISO-Berichts, der über schlechte Haltebedingungen am Zwischenstopp in Frankreich berichtet hatte, versagt.

Hiergegen wandte sich das Transportunternehmen im Eilrechtsschutzverfahren erfolgreich. Ein spezielles Versorgungssystem, wie es im „Handbuch Tiertransorte“ empfohlen wird (hier: automatisches Versorgungssystem mit einem zweiphasigen Saugakt), sei für den Transsport nicht erforderlich, so das Gericht. Sämtliche Beförderungsvoraussetzungen seien abschließend in der VO (EG) 1/2005 (sog. EU-Transportverordnung) und der Tierschutztransportverordnung geregelt. Danach ist eine stete Frischwasserversorgung ausreichend. Die Nahrungsaufnahme geschehe in den Transportpausen. Ein Tiertransport mit Kälbern hat nach 9 Stunden Fahrtzeit eine Pause von mindestens einer Stunde zu machen. Hiernach darf der Transport für weitere 9 Stunden fortgesetzt werden. Liegt der Zielort nach jenen 19 Stunden in unmittelbarer Reichweite, ist eine Verlängerung der Transportzeit um weitere 2 Stunden zulässig, wenn dies im Interesse der Tiere ist. Regelmäßig wird dieses Interesse bereits zur Vermeidung von zusätzlichem Stress anzunehmen sein, da die Tiere nach der maximalen Beförderungszeit ab- und wieder aufzuladen sind. Die Höchstzeit beläuft sich damit auf 21 Stunden.

Das Amtsgericht maß dem TV-Bericht über den Zwischenstopp in Frankreich keinerlei valide Aussagekraft zu: Der Amtsveterinär hatte beanstandungslos mittels Lichtbildern die dortige Lage überprüft. Zudem lag eine eidesstattliche Versicherung einer Führungskraft des Transportunternehmens über die korrekte Zulassung der Versorgungsstation und damit auch über die Wahrung der tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen vor. Das Gericht sah daher alle erforderlichen Voraussetzungen für den Transport als erfüllt an und verpflichtete die Behörde zur Stempelung des Fahrtenbuchs.

(VG Sigmaringen, Beschluss vom 17.12.2020 – 4 K 4721/20)

Gefährlichkeit von Hunden, „Stafford-Mix“

Ein Hundehalter meldete die Haltung seines Hundes beim Steueramt des Landkreises an und gab als Rassebezeichnung „Stafford-Mix“ an. Die Behörde untersagte dem Hundehalter daraufhin mit Ordnungsverfügung unverzüglich die Haltung des Hundes und forderte ihn auf, den Hund im Tierheim abzugeben. Der Tierhalter erhob hiergegen Klage und gab an, dass es sich um einen Mischlingshund handelte, dessen abschließende Rassebezeichnung aufgrund des jungen Alters des Tieres noch nicht feststand. Die Stellungnahme der Amtstierärztin ergab, dass im äußeren Erscheinungsbild des Hundes keine Merkmale vorlagen, die auf eine Einkreuzung der in §§ 3 oder 10 Landeshundegesetz Nordrhein-Westfalen (LHundG NRW) genannten Rassen schließen ließen. Für eine endgültige Beurteilung der Rasse müsse die Hündin aber ausgewachsen sein. Es handele sich daher lediglich um einen großen Hund im Sinne von § 11 LHundG NRW.

Das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen und den Bescheid aufrechterhalten. Gegen dieses Urteil hatte der Tierhalter Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Diese gab dem Tierhalter recht und hob den Bescheid auf. Die Haltungsuntersagung könne nicht auf § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW gestützt werden, da der Hund nicht zu einer der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW aufgeführten Rassen gehöre. Der Hund sei kein reinrassiger Hund der aufgeführten Hunderassen. Zudem handele es sich auch nicht um eine Kreuzung der aufgeführten Rassen. Der Begriff der „Kreuzung“ müsse „eng“ ausgelegt werden, da es ansonsten zu einer uferlosen Definition des Begriffs komme. Das Gericht war zudem nicht davon überzeugt, dass es sich bei dem Hund um die Kreuzung eines American Staffordshire Terriers handelte. Die Beurteilungsmaßstäbe seien dem FCI-Standard Nr. 286 (American Staffordshire Terrier) zu entnehmen. Gegen ein deutliches Hervortreten des Phänotyps des American Staffordshire Terriers spreche bereits die Größe des Hundes, die mit 55 cm weit über der im Rassestandard genannten Größe von 43 bis 46 cm für Hündinnen liege. Dass es sich bei dieser Angabe lediglich um eine „bevorzugte“ Größe und keine zwingende Maßgabe handelt, stehe dem nicht entgegen. Auch eine Pittbull-Terrier-Kreuzung lag laut Gericht nicht vor. Da weder das Hervortreten des Phänotyps der Rassen American Staffordshire Terrier und Pit Bull Terrier festgestellt werden konnte, sei auch nicht aufgrund der Zweifelsregel des § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW von einem gefährlichen Hund im Sinne der Vorschrift auszugehen. Der Bescheid wurde daher in zweiter Instanz aufgehoben.

(OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03.12.2020 – 5 A 1033/18)

RAin Alexa Frey

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