Aufklärung bei Weisheitszahnentfernung

Kein Hinweis auf Behandlungsmöglichkeit in kieferchirurgischer Praxis notwendig

Das OLG Dresden (Beschl. v. 21.12.2020 – Az. 4 U 1775/20) hatte in einem aktuellen Fall zu prüfen, ob ein Zahnarzt seinen Patienten bei einer Entfernung der Weisheitszähne auch über die alternative Behandlungsmöglichkeit beim Kieferchirurgen aufklären muss. 

Schadenersatz wegen Nervschädigung?

Bei der Entfernung des Weisheitszahnes (regio 48) kam es i.R.d. Osteotomie zu einer Schädigung des Nervus lingualis. Dennoch konnte das Gericht weder einen Behandlungsfehler noch ein Aufklärungsdefizit des Zahnarztes feststellen und wies die Klage des Patienten ab.

Der vorgesehene Eingriff war durch den Zahnarzt lege artis durchgeführt worden, Fehler bei der Durchführung konnten nicht nachgewiesen werden.

Das Gericht konnte auch keine Mängel an der erfolgten Aufklärung feststellen. Eine Aufklärung hatte in einem persönlichen Arzt-Patienten-Gespräch – unter Verwendung eines Aufklärungsbogens – stattgefunden.

Im Gespräch waren die eingriffsspezifischen Risiken der Zahnentfernung im Unterkiefer besprochen worden. Auf das Risiko einer nicht nur vorübergehenden Nervenschädigung wurde hingewiesen.

Aufklärung „im Großen und Ganzen“

Ein Aufzählung aller Arten an möglichen Nervenschädigungen bedürfe es durch den Zahnarzt nicht, so das Gericht. Hier sei es aussreichend, wenn der Patient „im Großen und Ganzen“ wisse, worin er einwillige. Eine Bennenung der einzelnen Nerven und deren jeweilige Funktion und deren Versorgungsgebiete müssten nicht genannt werden; der allgemeine Hinweis es könne durch Nervenschädigungen zu Gefühls- und Geschmacksstörungen kommen, sei ausreichend.

MKG-Praxis keine Behandlungsalternative

Auch über die Möglichkeit der Durchführung der Zahnextraktion in einer Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, müsse nicht aufgeklärt werden, da dies keine echte Behandlungsalternative darstelle. Vielmehr  hätte auch dort eine Behandlung nach dem geltenden (zahn)medizinischen Standard stattgefunden.

Eine Aufklärungspflicht über die Behandlungsoption in einer MKG-Praxis kann aber dann gegeben sein, wenn beispielsweise anatomische Besonderheiten  oder andere medizinische Faktoren hinzukämen, die eine Behandlung in einer MKG-Praxis zwingend erforderlich machen. Dies ist aber stets von der Konstellation des Einzelfalles abhängig und durch den Zahnarzt entsprechend zu beurteilen.

RAin Alexa Frey, Fachanwältin für Medizin- & IT-Recht

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